Anträge zum UB-Parteitag

Entzug der Staatsbürgerschaft stoppen – Gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen

Der Unterbezirksparteitag Kreis Offenbach möge beschließen:

Die Jusos setzen sich im Kreis Offenbach und darüber hinaus für ein Ende des bisherigen Optionsmodells im Staatsbürgerschaftsrecht ein und fordern ein Verbot des Entzugs der Staatsbürgerschaft, in welcher Form auch immer. Sie fordern die Schaffung eines Staatsbürgerschaftsrechts, das die doppelte Staatsbürgerschaft uneingeschränkt für in Deutschland Geborene nichtdeutscher Herkunft und Deutsche deutscher und nichtdeutscher Herkunft gleichermaßen erlaubt.

Begründung:

Die fundamentale Ablehnung des Optionsmodells liegt gar nicht in erster Linie an den historischen Präzedenzfällen für den Entzug der Staatsbürgerschaft oder sog. „Ausbürgerungen“. Vielmehr erscheint es zutiefst widersinnig, einerseits dem - auch strukturellen - Rassismus in unserer Gesellschaft den Kampf anzusagen und gleichzeitig nach der Frage der ethnischen Zugehörigkeit und der Abstammung diskriminierend, einige dazu zu zwingen, ein vermeintliches Loyalitätsversprechen abzulegen, indem diese sich gegen die Staatsangehörigkeit ihrer Vorfahren entscheiden um hier demokratisch partizipieren zu können.

Auch Argumente gegen das Prinzip der doppelten Staatsbürgerschaft an sich laufen ins Leere. Weshalb sollte zwischen EU-Bürgern und nicht EU-Bürgern diskriminiert werden, die in Deutschland geboren werden? Oder anders gefragt: Wird jemand deutscher dadurch, dass er in Griechenland statt in der Türkei, in Südspanien statt Marokko, in Schweden statt Norwegen geboren wird? Es erscheint widersinnig, die doppelte Staatsbürgerschaft EU-Bürgern zu gestatten und sie nicht-EU-Bürgern zu verwehren.

Genauso wenig vermag die Ansicht zu überzeugen, deutsche Abstammung, die zwei oder drei Generationen zurück liegt, mache den Inhaber der doppelten Staatsbürgerschaft loyaler zu Deutschland als den ohne deutsche Abstammung in Deutschland Geborenen. Fakt ist jedoch, dass Ersterer sich im Rahmen der Optionspflicht nicht für eine und gegen die andere Staatsbürgerschaft entscheiden muss. Dieser Ungleichbehandlung von faktisch Gleichem ist Abhilfe zu schaffen und der einzig gangbare Weg ist die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft für alle in Deutschland Geborenen.

Abschließend ist festzuhalten, dass es unter demokratietheoretischen Argumenten nicht haltbar ist, Menschen aufgrund ihres Geburtsortes oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit von der demokratischen Willensbildung auszuschließen. Weshalb sollte ein in Deutschland Geborener türkischer Abstammung weniger Türke sein, als ein in der Türkei Geborener türkischer Abstammung? Wegen seines Geburtsortes? Und wieso soll er weniger Deutscher sein als irgendeiner von uns, die wir in Deutschland leben und unseren Lebensmittelpunkt doch unzweifelhaft hier haben? Wegen der Staatsangehörigkeit seiner Eltern? Partizipation an der demokratischen Willensbildung ist kein vererbbares Luxusgut, sondern die Bedingung der Möglichkeit einer freien und gerechten Gesellschaft und einer Regierung, welche die Regierten angemessen zu repräsentieren vermag.

Das Staatsbürgerschaftsrecht muss der Realität Rechnung tragen, dass Identität kein Nullsummenspiel ist. Deswegen muss die uneingeschränkte Erlaubnis der doppelten Staatsbürgerschaft für in Deutschland Geborene an die Stelle der Optionspflicht treten.