Anträge zum UB-Parteitag

Intertemporale Grundrechtsreform – Fortschritt schützen!

Antragsteller: Jusos Kreis Offenbach

Folgende Staatziele sollen nach dem hessischen Vorbild im Grundgesetz verankert werden:

Art. 20b: Der Staat stellt die Vertraulichkeit der Kommunikation sicher.

Art. 20c: Der Staat schützt die Ehe für alle.

Art. 20d: Der Staat schützt die gleiche Berechtigung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnerschaften als Eltern.

Art. 20e: Der Staat schützt und fördert die diskriminierungsfreie Bildung für alle.

Art. 20f: Der Staat sichert die öffentliche Infrastruktur und ihre Zukunftsfähigkeit im öffentlichen Eigentum. Der Staat garantiert allen Menschen einen ungehinderten Zugang zur öffentlichen Infrastruktur.

Art. 20g: Der Staat schützt die soziale Fürsorge, um ein Leben in Würde zu ermöglichen. Der Staat darf die soziale Fürsorge nicht privatisieren.

Art. 20h: Der Staat fördert und schützt den Zugang zur gleichberechtigten Arbeit sowie zur sozialen und politischen Teilhabe unter dem Ziel einer vollumfänglichen Inklusion.

Art. 20i: Der Staat schützt und sichert eine grundlegende Gesundheitsversorgung für alle. Der Staat schützt und sichert die Finanzierung der öffentlichen Gesundheits-, Pflege- und Rentenversicherung für alle.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren und Frauen soll um die Vertretung der Interessen künftiger Generationen erweitert werden.

Begründung:

Wir Jungsoziallist*innen sind es den künftigen Generationen schuldig, uns dafür einzusetzen, dass das Grundgesetz auch in Zukunft auf die Anforderungen einer komplexen Gesellschaft passende Antworten geben kann.

Durch die Klimaentscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde dem Staat und seinen politischen Vertreter*innen eine Möglichkeit gegeben bereits heute schon, Grundrechte künftiger Generationen einzuklagen. Durch die Verbindung eines Grundrechts mit einem Staatsziel wurde die Bundesregierung verpflichtet ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden, das den gewachsenen Anforderungen im Kampf gegen den Klimawandel Rechnung tragen kann. Das bisherige Gesetz wurde für verfassungswidrig erklärt. Konkret wurde Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 20a Grundgesetz als Grundlage für die Entscheidung des Bundesverfassungsrechts herangezogen. So entsteht aus dem Grundrecht der Allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), der auch werdendes Leben vor staatlichen Eingriffen schützt, in Verbindung mit dem Staatsziel des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a GG) ein Recht eines jeden Menschen in Deutschland Verfassungsbeschwerde gegen Gesetze des Bundes oder der Länder zu erheben, um prüfen zu lassen ob das Gesetz auch in der Zukunft verfassungsgemäß ist, oder ob es wie im Fall des Klimaschutzgesetzes, die Rechte künftiger Generationen verletzt.

Im ursprünglichen Klimaschutzgesetz wurde bspw. die Minderung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen, die bis zum Jahr 2030 ausgestoßen werden dürfen auf 55% festgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht sieht darin die Rechte künftiger Generationen verletzt und erklärte das Gesetz für Verfassungswidrig. Die Folge war, dass der Gesetzgeber nachbessern musste und im neuen Klimaschutzgesetz 65% Reduktion festgelegt hat.

Diese Form der Grundrechtssicherung durch das Bundesverfassungsgericht nennt sich intertemporale Freiheitssicherung.

Wir Jusos fordern daher, den Ball – den das Bundesverfassungsgericht in die Hände der Politik geworfen hat – aufzunehmen und neue Staatsziele zu normieren. Das soll garantieren, dass die Menschen in Deutschland auch in Zukunft die Gewissheit haben, dass ihre Lebensweise und der Schutz unserer Gesellschaft als solches geschützt werden.

Außerdem erhoffen wir uns durch die Verankerung neuer Staatsziele einen Paradigmenwechsel innerhalb der Parteien, Parlamente und Regierungen. Sie sollen ihre Arbeit und ihre Verantwortung auch auf eine prospektive Gesellschaft, also einer Gesellschaft von morgen, ausweiten und die Interessen kommender Generationen in ihr politisches Wirken einbeziehen.

Denn für uns ist klar, dass die Welt von Morgen bereits heute erschlossen werden muss und Politik auch jenseits einer Legislaturperiode Antworten auf kommende Fragen finden muss.